Wasser & Abwasser
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Keime im Trinkwasser – Was ist mit unserem Wasser los?

Keime im Trinkwasser-Gessertshausen

Was ist mit unserem Wasser los? Fragen und Antworten zum Wasser und unserer Wasserversorgung

Informationsabend in Gessertshausen mit Dipl.-Ing. Gilbert Schober, Abteilungsleiter Wasserwirtschaft, Steinbacher-Consult

Im Oktober 2014 wurden in Gessertshausen östlich der Schwarzach, in Deubach und dem Weiler Brunnenmühle Keime im Trinkwasser festgestellt, und zwar eine erhöhte Konzentration von coliformen Keimen. Ein vorübergehendes Abkochgebot wurde zwischenzeitlich wieder aufgehoben, allerdings wird auf Anordnung des Gesundheitsamtes noch immer Chlor zur Desinfektion zugeführt. Bürgermeisterin Claudia Schuster informierte darüber, dass die Leitungsrohre intensiv gespült wurden und engmaschig Proben an verschiedensten Entnahmestellen gezogen werden. Denn erst wenn keine Keime im Trinkwasser mehr nachgewiesen werden, kann das Wasser wieder in seiner reinen Form konsumiert werden.

Unter den Bürgern herrscht allerdings noch eine große Verunsicherung, da das Thema sehr vielschichtig ist. Gleich zu Anfang der Veranstaltung kamen Fragen auf wie: Warum kommt das Wasser so trüb und milchig aus der Leitung?  Ursache hierfür ist die Anreicherung mit Sauerstoff, bedingt durch die Rohrnetzspülung.

Mit Herrn Dipl.-Ing. Gilbert Schober, Abteilungsleiter des Fachbereichs Wasserwirtschaft bei Steinbacher-Consult, konnte ein kompetenter und sehr erfahrener Fachmann gewonnen werden, der den anwesenden Bürgern in der gut besuchten Alten Schule in Deubach einen umfassenden Überblick über das komplexe Thema Wasserversorgung gab.

Die beginnt schon mit der Wassergewinnung: Der Großteil des Trinkwassers in Deutschland wird direkt aus Grundwasser über Brunnenbohrungen gewonnen. Die Brunnen liegen in Wasserschutzgebieten, die das zuständige Versorgungsunternehmen regelmäßig überwachen muss, um lokale Verunreinigungen auszuschließen.

Das geförderte Rohwasser ist in Deutschland meist so rein, dass es sofort als Trinkwasser zum Verbraucher weitertransportiert werden kann. Allerdings können bei der  Wanderung durch die verschiedenen Gesteinsschichten, Mineralien wie Eisen oder Mangan in erhöhter Konzentration auftreten, was dann eine Aufbereitung des Wassers in den Wasserwerken erforderlich macht.

Bevor das Wasser zu den Haushalten gelangt wird es oftmals in Hochbehältern zwischengespeichert und unter Zuhilfenahme von Pumpen weiter geleitet. Über das unterirdische Wasserleitungsnetz gelangt das Wasser zu den Grundstücken der Verbraucher. Hier ist jeder einzelne Betreiber und Besitzer laut Trinkwasserverordnung in der Verantwortung durch entsprechende prophylaktische Maßnahmen eine hygienische Trinkwasserentnahme zu gewährleisten (geregelt in der Trinkwasserverordnung DIN EN 1717, DIN 1988). In Gessertshausen ist der Eigentümer ab der Wasseruhr für die Trinkwasserqualität im Gebäude selbst verantwortlich. Bis einschließlich zur Wasseruhr liegt die Qualität im Verantwortungsbereich der Gemeinde.

Dieses System von der Wassergewinnung bis zur Wasserverteilung erfordert einen sachgemäßen Betrieb und Unterhalt, regelmäßige Reinigung und Wartung. Bei ordentlicher Wartung hat beispielweise ein Brunnen oder Hochbehälter eine Lebensdauer von 50 – 80 Jahren. So lassen sich auch Prioritäten für Investitionen festlegen. Gessertshausen betreibt die Wasserversorgung noch im Eigenbetrieb, eine Kooperation mit den Stadtwerken ist aber geplant, da die Gesetzgebung für eine Gemeinde dieser Größenordnung einen eigenen Wassermeister vorschreibt. Das Gemeindegebiet  wird über drei Brunnen mit den Standorten Deubach, Margertshausen und Döpshofen versorgt.

In den vergangenen Jahren wurde eine Anlagen- und Netzdokumentation (GIS) erstellt, eine Zustandsbewertung der zum Teil überalteten Elektrotechnik sowie eine Leckortung vorgenommen. Herr Schober machte deutlich, dass auf dem Weg des Wassers in die Haushalte unterschiedlichste Einflüsse die Qualität des Trinkwassers beeinträchtigen können.

Keime im Trinkwasser – woher kommen sie?

Ablagerungen, beispielsweise von Kalk und Rost an den Rohrinnenwänden und Biofilme bieten Mikroorganismen eine ideale Vermehrungsgrundlage. Insbesondere in Leitungen mit nur geringer Durchströmung wachsen diese schneller zu. Stagnationen gelten als eine der Hauptursachen für mikrobiologische und hygienische Kontaminationen des Trinkwassers. Gerade im ländlichen Bereich wird ein kontinuierlicher Rückgang des Wasserbedarfs festgestellt, was zu Totwasser im Netz führen kann.

Kritisch zu sehen ist die seit 2008 permanente Überschreitung der Wasserentnahme bei verschiedenen Brunnen und die mangelnde Speicherkapazität der Hochbehälter, die für Löschwasser keine Reserven haben. Die Hochbehälter selbst weisen Korrosionsschäden und schadhafte Beschichtungen auf ebenso wie die alten PVC-Leitungsrohre aus den 60er Jahren.  Der Brunnen in Döpshofen ist am Ende seiner technischen Lebenszeit.

Ein erheblicher und dringender Sanierungsumfang kommt also auf die Gemeinde zu. In der abschließenden Diskussion kam wiederholt die Sorge auf, dass durch kostenintensive Sanierungsmaßnahmen die Wasserpreise steigen werden. Kommunen müssen ihre Wasserversorgung kostendeckend betreiben. Der genaue Umfang der Kosten ist momentan jedoch noch nicht absehbar und zum jetzigen Kenntnisstand kann keine abschließende Auskunft erteilt werden.

 

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